Pater Amandus

Ein Text der Frankfurter Kapuziner www.liebfrauen.net gibt gelungen die verschiedene Stationen in P. Amandus Leben wieder:

Bleibe bei uns, wenn der Abend kommt,
was auch geschieht, du bist da.
Du setzt mein Herz in Flammen,
führst uns in Gott zusammen,
Christus lebt. Halleluja.

(Aus dem Frankfurter Evangelienspiel 2012)

Gott, der Lebendige, rief am 28. September 2012 unseren Mitbruder P. Amandus Hasselbach zur Feier des Ewigen Gastmahls in der neuen Welt Seines immerwährenden Friedens.

Pater Amandus (Kurt Heinrich) Hasselbach wurde am 20. Juni 1935 in Wiesbaden geboren. Zeit seines Lebens blieb er seiner hessischen Heimat verbunden. Heiter erzählte er immer wieder, dass er seinen Ordensnamen von seiner Mutter „erbte“, die Amanda hieß. Seine Eltern starben früh. Mit seinen beiden Brüdern wurde er von der Ältesten aus der näheren Verwandtschaft Hasselbach, einer Kinderschwester großgezogen, die deswegen ihren Beruf aufgab: „Sie hat uns vorgelebt, was es heißt, Christ zu sein.“ Als sie den zehnjährigen Bub zum ersten Mal mit in die Kirche nahm, wusste er von Stund an, dass er Ordensmann werden wollte. Im Kolleg der Kapuziner in Bensheim eröffnete sich ihm eine neue Welt. „Ich fing erst richtig an zu leben, als ich in den Orden eintrat, obwohl es da sehr streng, fast monastisch zuging. Wir hatten ein ordenseigenes Studium, wir haben eine Jazzband aufgebaut, ich habe mir den Bass angewöhnt, das Zeichnen, Malen. Vieles, das wir entwickelt haben, braucht man in der Seelsorge.“ Im Philosophiestudium der Kapuziner, damals in Krefeld, wurde der angehende Priester tief geprägt: „Erst mal vier Semester nur gefragt, was bedeutet das Leben. Nix Theologie.“

Schon während des Studiums engagierte sich Pater Amandus für die Missionspublizistik. Am 30. März 1963 wurde er von Bischof Joseph Höffner in Münster/W. zum Priester geweiht und wurde gleich in die Seelsorge der Raphaels-Klinik in Münster/W. geschickt. In der Auseinandersetzung mit dem Leid haben ihn die kranken Gläubigen tief geprägt. Er erfuhr bei ihnen, dass auch im Leid Gelassenheit und Freude aus reinem Gottvertrauen möglich sind. Diese Erfahrung hat ihn für sein ganzes priesterliches Wirken geprägt.

Beflügelt von der Aufbruchstimmung des Zweiten Vatikanischen Konzils, erprobte er in der Klosterkirche in Münster Dialogpredigten, Jazz-Gottesdienste und Predigtspiele. 1964 nahm er die Arbeit in der Missionsprokur der Kapuziner in Münster auf und begründete die Zeitschrift „Kontinente“ mit. Als Missionssekretär prägte er mit seiner Tatkraft und seiner Freude, mit der er auf Menschen zugehen konnte, die Öffentlichkeitsarbeit des Ordens maßgeblich. Auf ihn geht der erste KAPUZINER zurück, eine regelmäßige Veröffentlichung für die Wohltäter und Freunde der Kapuziner. Auf deren Titelseite fand sich immer eine Karikatur, was die Grundeinstellung des Chefredakteurs Pater Amandus wiederspiegelte: Niemals den Frohsinn zu vergessen.

Als 1977 die Brüdergemeinschaft der Kapuziner in Frankfurt neu zu besetzen war, ergriff Pater Amandus die Chance, in einer Großstadt wirken zu können. Von 1977 bis 1991 war er für 14 Jahre Guardian des Klosters. Wegen seiner deutlichen, manchmal harschen Predigten und seiner Volksverbundenheit wurde er über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt: „Ich liebe die Menschen. Und ich liebe diese Stadt“, sagte er immer wieder. Von seiner Ankunft in Frankfurt an wurden ihm besonders die gehörlosen Menschen zu Freunden. Ihnen war er nicht nur Seelsorger, sondern auch Wegbereiter: Für das Menschenrecht auf eine inklusive Teilhabe am kulturellen Leben, insbesondere durch eine eigene Sprache und Ausdrucksform.

Pater Amandus baute mit Christina Kupczak die Gehörlosengemeinschaft PAX auf, förderte die Entwicklung der Deutschen Gebärdensprache und trat für das Menschenrecht auf eine inklusive Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben, insbesondere durch eine eigene Sprache und Ausdrucksform. PAX war auch wesentlich am Zustandekommen einer professionellen Dolmetscherausbildung und der Vorbereitung zur Ausbildung als Gebärdensprachdolmetscher beteiligt. Ebenso wurde zwischen 1998 – 2003 der erste Versuch einer inklusiven Beschulung gehörloser Kinder mittels Dolmetscherinnen in eine Regelschule gewagt. P. Amandus verstand sich als Pionier, sowohl in der Arbeit mit Gehölosen als auch in seiner Tätigkeit als Seelsorger. Das Hessische Landesparlament erkannte 1998 als erste Landesregierung die Deutsche Gebärdensprache (DGS) als eigenständige Sprache an. Bundesweite Anerkennung entstand durch das Gleichstellungsgesetz im Jahr 2002.

Für diesen pastoralen und sozialen Schwerpunkt kam ihm seine fast naturgemäße Verbindung zum Theater zu Gute. Er freundete sich mit Schauspielern und Schauspielerinnen, Regisseurinnen und Regisseuren an; legendär die Tradition, am zweiten Weihnachtstag im Gottesdienst in der Liebfrauenkirche von Wolfgang Kaus die Weihnachtsgeschichte in hessischer Mundart vortragen zu lassen, wie die Gründerin des Frankfurter Volkstheaters Liesel Christ sie übersetzt hatte. 

Über Frankfurt hinaus wurde er bekannt durch seine Auftritte im Hessenfernsehen als Ratgeber in der Sendung „Lebensberatung“ mit Barbara Siehl; auch Frank Lehmann, der „Mr. Börse“ der ARD, fand in Pater Amandus einen geistlichen Freund. Die Anerkennung unter den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Frankfurt fand ihren Ausdruck in der Ehrenplakette der Stadt Frankfurt, die die damalige Oberbürgermeisterin Petra Roth ihm 1996 verlieh. Durch seine vielfältigen Verbindungen wurde ihm so auch möglich, die Idee vom „Evangelium mitten in der Stadt“ zu verwirklichen. Er entwickelte das Frankfurter Evangelienspiel, ein großes Straßentheater mit über 120 Mitwirkenden aus allen Sprachräumen, Kulturen und Religionen. Fünfmal war er Regisseur der Inszenierung des Lebens und der Botschaft Jesu Christi mitten in Rhein-Main, wobei er bei der letzten Inszenierung sein Werk schon in jüngere Hände legen musste – und konnte.

Nach dem für Pater Amandus schmerzlichen Ende seiner geliebten PAX – Gehörlosenseelsorge im Jahr 2006 erstand ihm in der Gründung von LUKAS 14, einem Verein zur Förderung von Kultur und Integration von Menschen mit Behinderungen, die Möglichkeit, seinem Lebenswerk Bestand zu verleihen. Er war bis zuletzt der väterliche Freund und Unterstützer der Mitglieder und Freunde von LUKAS 14. Er füllte mit Hingabe weiter die Rolle aus, der Hausvater inmitten der Seinen zu sein: Mit Freude band er sich immer wieder gern die Schürze um und bekochte sie mit allerlei Spezialitäten. Höhepunkt war jedes Jahr das Einkochen von Marmelade, für das er obstkistenweise Unterstützung erhielt. Er wusste dabei genau, dass er auch mit dieser Sammel- und Verkaufstätigkeit Menschen gewinnen konnte für seine Anliegen. Deren letztes Ziel waren immer die Werte des Evangeliums und der Glaube an den großen Gott.

In den Räumen, die er selber für zwanzig Jahre mit Geist und Leben erfüllte für die PAX Gehörlosenseelsorge und dann LUKAS 14, hat er in gläubiger Gelassenheit seine Krankheit angenommen und in den letzten Monaten ertragen, umgeben und versorgt, von Menschen, denen er Freund, Vater und Mitmensch war, ein Geistlicher und Seelsorger, wie viele ihn sich wünschen. Liebfrauen blieb er über die Jahre verbunden mit der PAX-Gehörlosenseelsorge und dann LUKAS 14 sowie in regelmäßigem Gottesdienst, Predigt- und Beichtdienst. Wenn sich die Brüdergemeinschaft im Kloster zu Zusammenkünften traf, war er stets aufmerksam und diskussionsfreudig dabei.

Möge Pater Amandus bei Gott erfahren, dass sich an ihm und für alle erfüllt, was die Kirche voller Hoffnung betet: „Sammle die Menschen aller Rassen und Sprachen, aller Schichten und Gruppen zum Gastmahl der ewigen Versöhnung in der neuen Welt deines immerwährenden Friedens durch unseren Herrn Jesus Christus.“ (Viertes Hochgebet)

Die Brüder Kapuziner in Frankfurt am Main

Fotos: LUKAS 14

P. Amandus war 30 Jahre Gehörlosenseelsorger (1977-2007)

DANKE AMANDUS…

…für viele lebendige, frohe und mutige Gottesdienste.

…für die rückhaltlose Unterstützung der Frankfurter Gebärdensprachforschung personell, ideell und auch finanziell.

…für die finanzielle und personelle Unterstützung von zwei Regelschulprojekten für vier gehörlose Kinder (1998 – 2003), in welchen außerordentliche Energien, Ideen und Finanzen aufgebracht werden mussten und die leider trotzdem scheiterten.

…für ungezählte Amandus- Mittag- und Abendessen, für ungezählte Cappuccini, Espressi u.v.m zu allen Tages- und Abendzeiten, für viele Gläser besten Weines.

…für’s mutige Einstehen in den Anfängen der Deutschen Gebärdensprache (1990), als diese noch nicht anerkannt und bei vielen Gehörlosenseelsorgern und -lehrern, auch bei Gehörlosen, verpönt war.

…für die Einführung der Integrativen Gottesdienste in der Liebfrauenkirche, an welchen heute viele Menschen teilnehmen.

…für die ersten großen Theaterspiele im Archäologischen Garten (1989 – 750 Jahre Frankfurter Dom; 1994 – 1200 Jahre Stadt Frankfurt)  welche die Gehörlosengemeinschaften, ihre Probleme und Ziele ins Bewusstsein der Öffentlichkeit brachten und viele Menschen dazu bewegten uns persönlich und finanziell zu unterstützen.

…für viele tiefgründige und auch lustige Gespräche über Gott und die Welt.

…für die vielen Finanzierungshilfen für hörbehinderte Menschen im Bereich Studium, Ausbildung, Weiterbildung, durch welche viele Hörbehinderte sich qualifizierten und  neue Lebensbereiche erwarben…

…für das unermüdliche Spendensammeln, welches viele außerordentliche Projekte erst ermöglicht hat.

…für die Gründung, Förderung und Finanzierung von zwei Gebärdenchören.

…für die Unterstützung im Kampf um die Anerkennung der Gebärdensprache in Hessen, welche am 10.12.98 erfolgte.

…für das unermüdliche „Menschen- sammeln“.

…für viele Besuche bei jung und alt.

…für die Mitfinanzierung von langjährigen ABM- und SAM-Stellen für gehörlose Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im PAX, die Arbeitsplätze hatten und neue Qualifikationen erwerben konnten.

…für ca. 50 Evangelienspiele im Gottesdienst, in welchen gehörlose und schwerhörige Kinder und Jugendliche etwas vom Evangelium erfahren haben.

…für die unermüdliche Öffentlichkeitsarbeit, in welcher Prominente aus den Bereichen Politik und Kultur für die Anliegen der Gehörlosen gewonnen werden konnten.

…für Glaubensgespräche mit allen Menschen ohne Missionierungsabsicht.

…für eine unbegrenzte Gastfreundschaft im „Hotel PAX“ , in welchem viele Menschen seelische und leibliche Stärkung erhalten haben. Für die Langzeit- Übernachtungsmöglichkeiten für diejenigen, die in Frankfurt eine Weiterbildung im Bereich Gebärdensprache absolvierten.

…für die klassischen Theaterspiele nach literarischen Vorlagen, die wir selbst ausgestattet und organisiert haben.

– Der Heiratsantrag         von A. Tschechov

– Der Talisman                von J. Nestroy

– Der Kreidekreis             von B. Brecht

– Die Mausefalle              von A. Christie

…für die Organisation; Teil- oder Ganzfinanzierung wenn wir in Bad Berleburg, Berchtesgaden, Erfurt, Aachen, Mainz, Köln, Hamburg und anderen Städten auftraten.

…für eine Liturgie, welche den Gottesdienst für Gehörlose dank Gebärdenchor und Dolmetscher verständlich machte.

…für große Geduld, Toleranz und die Kunst des Abwarten- könnens, aber auch den Mut zu schmerzhaften Entscheidungen.

…für die Förderung von jungen Theologen und Theologinnen im Bereich der Gehörlosenseelsorge, die heute in Hessen, Sachsen, NRW, Baden Württemberg und der Schweiz tätig sind.

…für die ideelle und großzügige finanzielle Unterstützung von 20 Wochen-Bildungsfahrten in alle Teile Deutschlands (1986 – 2005)

…für langjährige treue Dienste im Einkaufen, Reparieren, Neukaufen, um PAX zu einer verlässlichen Lebensstation für viele Mitarbeiter und Besucher zu machen.

…für viele seelsorgliche Gespräche mit Kursteilnehmer und Teilnehmerinnen, die einen oder mehrere unserer rund 90  DGS- Kurse (1990 – 2007) besuchten.

…für die Finanzierung vieler Unterrichtsstunden speziell für gehörlose Kinder und Jugendliche, die von keinem Träger übernommen wurden.

…für die Wiederbelebung des liturgischen Tanzes und langjährige Förderung und Ausbildung der Tänzerinnen.

…für die persönliche und finanzielle Förderung von 10 DGS- Dolmetschern und Dolmetscherinnen, die im PAX einen ersten Übungsraum hatten, 8 von ihnen sind heute professionelle DolmetscherInnen.

…für die Initiative den „Förderverein der Kath. Gehörlosenseelsorge e.V.“ 1996 zu gründen, der viele Projekte ermöglichte. Für Rat und Tat diesen Verein in: „LUKAS 14 Integration und Kultur für Menschen mit Behinderungen e.V.“ umzugestalten, der sich für hörbehinderte Menschen und andere Gruppen öffnet.

…für 29 Weihnachtsgottesdienste, in welchen die Weihnachtsbotschaft durch kleine Spielszenen von Kindern oder Jugendlichen dargestellt, vermittelt wurde.

…für die Jahre des Religionsunterrichts in der Schule am Sommerhoffpark, wo trotz Schwierigkeiten mit manchen Lehrern und Eltern der Unterricht mit Gebärden gestaltet wurde und es immer gelang,  Jugendliche in die PAX – Gemeinschaft zu bringen.

…für einen nahezu ungebrochenen Optimismus und Willen zum Neuanfang, auch wenn es manchmal schwer war.

…für die Vermeidung von fruchtlosen Sitzungen, rituellen Besprechungen und öden Konferenzen.

…für’s kreative, praktische, gemeinschaftliche Entwerfen von neuen  Wegen ins Leben.

…für 29 kreativ ausgestaltete Ostergottesdienste, viele Jahre bei den Franziskanerinnen in der Lange Strasse, dann als Auferstehungsgottesdienste in der Liebfrauenkirche mit anschließendem Osterfrühstück.

…für die Bezuschussung von Dolmetschereinsätzen in Ausbildungen und Unterricht gehörloser Menschen, wenn die DolmetscherInnen von staatlichen Stellen nicht voll finanziert werden konnten.

…für die kind- und jugendgerechte Unterrichtung in der Erstkommunion- und Firmvorbereitung und wunderschöne Festgottesdienste.

…für die Verankerung unserer Integrativen Gemeinschaft in der Liebfrauenkirche, soz. unserem „Mutterboden“.

…für das stetige „Nach Vorn-Denken“ ohne „Denkscheren“, für die ansteckende Lust am Leben und das Interesse an unserer Zeit.

…für viele langjährige Kontakte zu anderen Gehörlosengemeinschaften, für das Engagement auch für diese Gemeinschaften.

…für die Konzeption und Durchführung von 3 Evangelienspielen in den Jahren 2000, 2003 und 2006, mit jeweils 110 Mitwirkenden.

…für die Finanzierung der DVD „GEBÄRDENPOESIE“ , welche die gesamte Arbeit des 1. Gebärdenchores dokumentiert und heute die Grundlage bei der Neugründung vieler Gebärdenchöre ist.

…für 26 qualitätvolle, lustige und gemeinschaftsbildende Fastnachtveranstaltungen in St. Antonius (Platz der Republik), St. Nikolaus (Bad Vilbel) und St. Bernhard (Frankfurt). Für die Mitwirkung bei vielen Tanz- und Ballettparodien und für 20 selbstgeschriebene Fastnacht- Theaterstücke.

…für’s viele Lachen….

…für viele geschenkte Theater- und Kulturausflüge für die PAX- Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in und um Frankfurt.

…für die stetige treue Versendung von Kisten, Paketen und Päckchen von DGS- Schulungsmaterial.

…für die ZDF- Gottesdienste, die PAX bundesweit bekannt machten.

…für 5 Drei Mitra Feste (Spiel ohne Bistumsgrenzen) mit 6 Mannschaften und 4OO Zuschauern in Großkrotzenburg, die einen Tag lang unterhalten und verköstigt wurden.

…für die großzügige Endfinanzierung von RELEX (REligiöses LExikon für Gebärdensprache) CD-Rom

…für  unbegrenzte Zeit, für’s DASEIN.